Samstag, 10. Dezember 2016

Tunnel und ein Pinguin

Schon ist der letzte Tag halb vorbei und noch gut Zeit, über die jüngsten Erlebnisse zu berichten. Gestern war ich also auf der Bootstour, zwar erst ab Spätvormittag, dafür aber fast bis Sonnenuntergang um 6 Uhr. Zwei Ziele gab es, die mit dem Boot ein Stück weit die Südküste von Isabela entlang angesteuert wurden: ein besonders attraktives Revier zum Schnorcheln und dann eben diese eigentümliche "Tunnel-Landschaft" - dazu muss man sich am besten die bereits hoch geladenen Fotos anschauen.

Das Gebiet für den gut einstündigen Schnorchelausflug (mit Neoprenanzug) war ein basinartiges Riff, das als "nusery", also Kinderstube vieler Seetiere gilt. Auf der Hinfahrt sahen wir noch mehrere große Manta Rays, Mantarochen, die man knapp unter der Oberfläche dann am besten sehen konnte, wenn sie sich tummelten und den weißen Bauch nach oben zeigten. Auf den Fotos sind die Umrisse der eindrucksvollen Tiere nur schemenhaft zu erkennen, man sieht halt die großen weißen Flecken im Wasser: die Manta Rays. Dann ging es ins Wasser - und eine wahre Wunderwelt tat sich auf. Das ist wirklich ein tolles Gefühl, auf Sichtweite über sehr große Meeresschildkröten zu schweben, die beim Äsen waren (an den Felsen das Grünzeug unter Wasser), Seepferdchen im Geäst der Mangroven zu sehen, ca. 12 cm große, jede Menge großer und kleiner bunter Fische, die mit einem mit schwammen, dann auch ein oder zwei Riffhaie (weil ich nicht sicher bin, ob es nicht zweimal derselbe war) und, die Krönung, ein größerer Riffhai, 3 - 4 m lang, unten in einem Felstunnel im Wasser ruhend. Zu den Felstunneln komme ich noch. Das war alles schon absolut faszinierend, weil man gar nicht wusste, wohin man zuerst schauen sollte. Dabei musste ich ja auch noch auf die Gruppe mit dem Guide achten, die sich für mein Gefühl viel zu schnell im Wasser fortbewegte. Es war allerdings auch eine große Runde, die wir im Wasser zu schwimmen hatten. Ich bin ganz gut mitgekommen, obwohl ich der mit Abstand Älteste war: Bei solchen Aktivitäten ist sonst fast nur Jugend unterwegs. Der Guide, Juan Carlos, war eine ganz spezielle "Kanone", außer mir der mit vielleicht 50 Jahren Älteste, voller Witz und Spaß im Sinn, der mir gestand, als ich ihn nach einer Stunde sagte, ich müsse nun bald ins Boot zurück, sonst kriegte ich einen Krampf im Bein: O ja, er habe schon seit 10 Minuten einen Krampf, drum habe er auch gerade auf einem Felsen angehalten, - "that's because if the age!" - wie wahr. Ging aber alles gut und war ein wirklich einmaliges Erlebnis auf Galapagos. Von diesem großen Spaß gibt es natürlich keine Fotos von mir, auch wenn einige Teilnehmer Aufnahmen im und unter Wasser mit einer Go Pro machten, gehörte zum Programm dazu.



Dann ging es weiter zur zweiten Attraktion: den Tunneln. Auf dem Weg dorthin nach einigen Minuten Bootsfahrt plötzlich Stopp an einem größeren Felsen: Da saßen Blaufuß-Tölpel drauf, also Boobies, aber das war nicht der Grund des Stopps: Unten auf einem Felsvorsprung saß tatsächlich ein Galapagos - Pinguin! Zwar war er nur im Gegenlicht aufzunehmen, aber man kann ihn auf den Fotos gut erkennen, mit der typischen Pinguin-Haltung und dem Pinguin-Schnabel. Ich habe ihn also leibhaftig gesehen, den Pinguin am Äquator - da sich der nördliche Teil von Isabela auch auf die Nordhalbkugel erstreckt, sagt man hier auch gerne: Die Galapagos - Pinguine sind die einzigen Pinguine auf der Nordhalbkugel :-)

Dann also zu den Tunneln. Man sieht es am besten auf den Fotos. Es ist eine typische vulkanisch geprägte Küstenformation mit zackigen Lavafelsen, die zum Teil eben tunnel- und höhlenartig ausgewaschen sind. Das sieht schon toll aus, zumal bei Ebbe und Sonnenschein im Licht des frühen Abends - das hatten wir alles! Das ergab eine perfekte Stimmung. Ein paar junge Tölpel waren auch noch da, die wir beim kurzen "Landgang" (eher Felsgang) aus der Nähe bestaunen konnten. Die haben aber noch keine blauen Füße. Die Fotos aus diesem Lavafelsen - Riff sprechen eigentlich für sich: Es ist wirklich sehenswert und gehört zum Besten, was Isabela zu bieten hat.

Vielleicht noch ein Wort zur Landschaft überhaupt auf Galapagos. Die Inseln, die ich kennen gelernt habe, sind überwiegend trocken bis sehr trocken. Isabela ist eigentlich fast wüstenarting mit sehr wenig Grün, nur die Mangrovengürtel an der Küste zeichnen sich grün ab. An den höheren Berghängen zu den Vulkanen hin ist es dann etwas mehr grün, weil dort oben oft Nebel herrscht und auch Regen fällt. Das gilt auch für Santa Cruz. Dort sind ein größeres Areal auf der südlichen Seite, wo mehr Niederschlag fällt, für landwirtschaftliche Nutzung frei gegeben. Das ist aber die totale Ausnahme. Die Vegetation entspricht völlig einem ariden Klima mit Kakteen, Trockwäldern, harten grauen Sträuchern, die auf den wenigen Regen warten, um zu blühen. Wenn es auf Galapagos an manchen Stellen grün aussieht und Palmenstrände da sind wie in der Südsee, dann täuscht das: Das ist von Menschen angepflanzt, so ist Galapagos eigentlich nicht. Es ist wahrlich keine "liebliche" Landschaft, sondern, trocken, von Lavaströmen und Lavafelsen gekennzeichnet, mit ganz eigentümlichen Wäldern, an denen trockenes Moos auf Feuchtigkeit wartet. Da ist Hawaii sehr viel schöner und klimatisch abwechslungsreicher.

Das Besondere von Galapagos ist also nicht die "schöne Südsee-Landschaft", die gibt es kaum. Das Besondere ist die fast völlige Unberührtheit einer Natur, die sich seit Jahrtausenden bzw. Jahrmillionen ohne menschlichen Einfluss entwickeln und, siehe Darwin, "anpassen" konnte. Heute sind 97 % von dem gesamten Gebiet der Galapagos - Inseln striktes Naturschutzgebiet, also Nationalpark, den niemand betreten darf, auch die Touristen nicht, nicht die Einheimischen, niemand. Nur ganz wenige Stellen außerhalb der wenigen kleinen Siedlungen sind für Touristen mit Guide zugänglich. Dort darf man dann auch weder rechts noch links vom gezeichneten Weg abweichen, darauf wird strikt geachtet. Auf Isabela ist nur ein winziger Zipfel überhaupt zu betreten erlaubt, und den habe ich besucht und seine Wunder gesehen: Die Vulkane, die Tunnel-Riffs und heute noch am Rande von Puerto Villamil nach 2 Stunden Wanderung einen Hügel, von dem man eine prachtvolle Aussicht auf die südliche Insel hat. Viel mehr, als ich gemacht habe, kann man hier an Land auch nicht machen. Auf dem Meer darf man in bestimmten kleinen Zonen angeln oder tauchen, that's all. Und genau das macht Galapagos einmalig und sehenswert: Das Wenige, das man sieht, steht für den ungleich viel größeren Teil des Archipels, den man nicht sehen, sondern nur unangetastet lassen und schützen kann. Und insofern ist Galapagos dann doch ganz und gar nicht mit dem fast überbevölkerten und durchamerikanisierten Hawaii vergleichbar. Obwohl - Hawaii ist auch schon sehr, sehr schön, nicht so herb, eben doch lieblicher. Lieblich ist hier einfach gar nichts - nur der Garten und Innenhof im Hotel. Aber Galapagos ist einfach einmalig und faszinierend, und jeder Vulkan - Fan kommt hier sowieso auf seine Kosten.

Und das Meer, der pazifische Ozean, ist um diese Jahreszeit auch hier angenehm warm mit ca. 22°, zwar nicht zum langen Baden, ab er immerhin. Tolle Wellen gibt es auch, die Strände, an denen die wenigen Orte liegen, sind wunderschön: feinster Sand, flache Wasser, ein Traum. Galapagos ist insofern zwar sehr anders, als ich mir das vorgestellt hatte (und viele andere es sicher auch tun), aber dennoch einfach großartig und absolut sehens- und besuchenswert. Diese Woche hier ist vorbei gegangen wie im Flug - es gab einfach immer so unendlich viel zu sehen mit den Iguanas, den Schildkröten, riesigen zu Wasser und zu Lande, und natürlich den Meeresvögeln, eigentümlichen Pflanzen, - und den vielen, vielen Finken! Ein wunderschönes Archipel mitten im Pazifik, ein echtes "Labor" der Natur.

Morgen geht es nun ganz früh mit dem Schnellboot zurück auf die Insel Santa Cruz, nach einer Frühstückspause dann weiter hinüber auf die kleine Insel Baltra, nur über einen Kanal hinüber, auf der der Flughafen liegt (war einmal ein US-Stützpunkt). Von dort fliege ich mittags zurück aufs Festland nach Guayaquil für eine Nacht. Dann heißt es, auch von Ecuador insgesamt Abschied zu nehmen, denn Montag spätnachmittags geht es dann wieder mit der KLM zurück nach Amsterdam und weiter nach Düsseldorf. Mit allem zusammen dauert die Rückreise also drei Tage, das zeigt, wie weit entfernt man hier doch ist von Europa und Deutschland! In Guayaquil werde ich aber noch mit einem gepflegten Abendessen (hab schon eine Empfehlung von einem ecuadorianischem Koch) Abschied nehmen, dann von Ecuador insgesamt - ein unglaublich vielfältiges und liebenswertes Land!

Fotos von gestern und heute gibt es hier im bekannten Webalbum von Isabela.

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